Wie kann ich selbst Newsgroups einrichten?

Das kommt darauf an - vor allem darauf, wo Sie eine Newsgroup einrichten möchten, und ob sich Ihre Frage auf den technischen Vorgang der Einrichtung oder vielmehr darauf bezieht, wie Sie ggf. jemanden dazu bekommen, für Sie eine Newsgroup einzurichten.

Prolog I

Wie sieht das Usenet eigentlich aus?

Newsgroups liegen nicht wie Homepages oder Webforen auf einem bestimmtem Server und werden auch nicht wie Mailinglisten nur über einen zentralen Server verteilt. Sie bilden vielmehr ein verteiltes System, das sog. "Usenet": Zigtausende Newsserver weltweit tauschen die einzelnen Newsartikel ("Postings") ständig untereinander aus, jeder mit einem, meist aber mehreren bis vielen Nachbarn ("Feeds" bzw. "Peers"). Postings, die der Server selbst noch nicht hat, nimmt er an, soweit er die entsprechende Newsgroup (oder die Hierarchie, bspw. "de." oder "soc.") führt; Postings, die das Gegenüber noch nicht hat, aber haben will, gibt er weiter. So nimmt ein Posting seinen Weg vom Ursprungsserver rund um die Welt, bis es auch in Hintertupfingen angekommen ist. Da jeder Server vielfach redundante Verbindungen hat, werden Störungen im Netz einfach "umspült": wenn das Posting von dort, wo es eingespeist wurde, nicht auf der einen Strecke zum Server, auf dem Du es lesen möchtest, gelangt, dann eben auf einer anderen ("Floodfill-Verfahren").

Dieses System kann aber nur funktionieren, wenn die beteiligten Newsserver auch alle die gleichen Newsgroups (oder zumindest einen einander ähnlichen Bestand) führen: denn man kann ein Posting, das auf Server A geschrieben wurde, auf Server B ja nur dann sehen, wenn es dort auch die entsprechende Newsgroup gibt. Anderenfalls gibt es dort keinen Ort, das Posting abzulegen und anzuzeigen, so dass es bestenfalls nur weitergereicht wird, dort aber nicht gelesen werden kann (je nach Konfiguration aber auch nicht einmal das). Also müssen sich die Serveradministratoren entsprechend absprechen, welche Newsgroups sie führen wollen: wenn neue Gruppen nicht überall eingerichtet werden, sondern nur auf einigen "Inseln", können auch nur einige wenige sie lesen und darin schreiben, und man wundert sich, warum es so leer ist …

Dabei sind Newsgroups in der Regel hierarchisch geordnet, und es werden zumeist nur komplette Hierarchien geführt: bspw. "de.*", d.h. alle Newsgroups, deren Name mit "de." beginnt - dies ist die internationale deutschsprachige Usenet-Hierarchie.

Prolog II

Wie findet die Einrichtung neuer Newsgroups technisch statt?

Die Einrichtung einer neuen Newsgroup ist somit ein Vorgang, bei dem mehrere (tausend) Serverbetreiber betroffen sind, die in der Regel in keinen vertraglichen Beziehungen stehen oder jedenfalls zur Frage, welche Newsgroups sie führen und wie sie diesen Bestand untereinander abgleichen, keine Regelungen getroffen haben. Vermutlich dürfte den meisten Betreibern auch egal sein, welche Newsgroups sie nun genau führen oder nicht führen; wichtiger ist, dass es ein Sytem gibt, nach dem der Bestand abgeglichen wird.

Daher gibt es ein klug erdachtes System, mit dem man eine Newsgroup nicht nur auf einem bestimmten Server, sondern sozusagen "überall" einrichten kann: neben der Einrichtung "von Hand" kann man nämlich eine sog. Kontrollnachricht zur Neueinrichtung (oder Löschung) einer Newsgroup verschicken ("control message", kurz "cmsg"). Das ist im Prinzip ein ganz normales Posting, das aber einen zusätzlichen Header ("Kopfzeile") enthält, der den Newsserver anweist, eine Gruppe mit bestimmten Namen einzurichten oder zu löschen. Da dieses Posting dann wie jedes andere auch verteilt wird, kommt es zumindest theoretisch (und normalerweise auch praktisch) überall dort an, wo man die entsprechende Newshierarchie führt und richtet damit auch überall dort die neue Gruppe ein.

Neben den Kontrollnachrichten zur Einrichtung einer Newsgroup gibt es natürlich auch solche zur Löschung und schließlich auch zum Abgleich des Gruppenbestandes; in letzterer wird eine Liste aller Newsgroups einer bestimmten Hierarchie (z.B. de.*) beigefügt, so dass der Server feststellen kann, welche Newsgroups in seinem eigenen Bestand überzählig sind bzw. noch fehlen.

Solche Kontrollnachrichten kann im Prinzip jeder Newsteilnehmer verschicken, also auch Sie, vorausgesetzt, Ihr Programm unterstützt dies und/oder Sie kennen das Format dieser Nachrichten, um sie richtig zu erzeugen. Das führt allerdings leicht zu Wildwuchs und dem wahllosen Einrichten und Löschen von Newsgroups, wie es dem Betreffenden gerade passt; und dass das bei zigtausenden Nutzern selbst bei gutem Willen aller Beteiligten nicht sinnvoll funktionieren kann, bedarf vermutlich keiner gesonderten Erwähnung (ebenso wie die Tatsache, dass natürlich nicht alle Beteiligten gutwillig sind, sondern manche die Einrichtung oder Löschung von Gruppen "just for fun", um andere zu ärgern oder zu provozieren usw. usf. betreiben bzw. zu betreiben versuchen). Deshalb sehen gebräuchliche Newsserver in der Regel sowohl die Möglichkeit vor, eine Kontrollnachricht zur Einrichtung oder Löschung einer Newsgroup entweder dem Administrator vorzulegen (was bei hinreichend vielen solchen Nachrichten, insbesondere in fremdsprachigen Hierarchien, keinen rechten Sinn macht, weil der Administrator gar nicht feststellen kann, ob diese Nachricht nun sinnvoll ist oder nicht) oder sie nur von einem bestimmten Absender (und besser auch erst nach Prüfung von dessen digitaler Signatur) anzunehmen. Damit - und das ist für die meisten großen Newshierarchien derzeit der Regelfall - wird die Verantwortung für den Gruppenbestand an diesen allgemein anerkannten Absender delegiert. Wer das ist und wie dieser seine Entscheidungen trifft, bleibt dabei offen und ist je nach Hierarchie auch unterschiedlich gelöst.

Entscheidung über die Einrichtung

Wer entscheidet, welche Newsgroups eingerichtet (oder gelöscht) werden?

Letztlich für jeden einzelnen Newsserver der zuständige Administrator (bzw. dessen Vorgesetzter) - in der Praxis finden manuelle Eingriffe in den Einrichtungsprozess aber nicht statt, da eben - wie zuvor ausgeführt - ein Austausch von Newsartikeln nur dann sinnvoll funktioniert, wenn man sich auf einen möglichst einheitlichen Gruppenbestand einigen und dieses Vorgehen auch über Länder- und Sprachgrenzen hinweg automatisieren kann. Daher bestimmt (von Ausnahmefällen und nur lokal geführten Hierarchien abgesehen) der Serverbetreiber die von ihm geführten Gruppen nicht einzeln, sondern übernimmt komplette Hierarchien, die dann entweder weltweit oder zumindest innerhalb einer bestimmten Region oder Interessengruppe auf allen Servern, die sich untereinander austauschen, mit identischem Bestand geführt werden.

Wer nun dafür zuständig ist, diesen Bestand festzulegen, welches Procedere dafür gilt und welche Kriterien an die Einrichtung einer neuen Newsgroup angelegt werden, ist von Hierarchie zu Hierarchie unterschiedlich. Manchmal darf das jeder beliebige Nutzer (oft erst nach einer Diskussion in einer dafür vorgesehen Newsgroups, wenn seine Idee auf Zuspruch stößt), oft aber nur ein bestimmtes Gremium, das seine Entscheidungen in vielen Fällen aufgrund einer Abstimmung interessierter Nutzer nach vorheriger Diskussion trifft oder auch nur die Abstimmung durchführt, überwacht und deren Ergebnis umsetzt. So ist das beispielsweise in de.*, der internationalen deutschsprachigen Hierarchie, gelöst, wo Newsgroups als Ergebnis einer Abstimmung, die auf eine Diskussionsphase folgt, eingerichtet, geändert oder gelöscht werden. Dort ist das genannte Gremium die Moderation der Newsgroups de.admin.news.announce, und für das Procedere der Einrichtung hat man sich ein Regelwerk geschaffen, dessen Einhaltung die Moderation überwacht.

Man kann also sagen: über die Einrichtung neuer Newsgroups entscheidet auf jedem Newsserver grundsätzlich der jeweilige Betreiber, der aber meistens nur automatisch Steuernachrichten ausführen lässt, die ein Gremium versendet, das die Entscheidungen der Nutzer umsetzt. Im Ergebnis entscheiden also die Usenet-Nutzer selbst über den Gruppenbestand.

Erfolgreiche Vorschläge

Wann kann ich mit Erfolg eine neue Newsgroup vorschlagen?

Das formale Procedere lässt sich in der Regel nachlesen; für de.* ist es in den Einrichtungsregeln für Newsgroups bzw. deren Erläuterungen, die sich in der Newsgroup de.admin.infos finden, niedergelegt. Man muss eine neue Newsgroup auf eine bestimmte Art und Weise vorschlagen, danach wird darüber diskutiert, danach abgestimmt und dann eingerichtet, wenn die notwendige Zustimmung erreicht wurde.

Viel interessanter ist aber natürlich, wann ein Vorschlag Erfolg haben wird. Das ist im großen und ganzen dann der Fall, wenn die Einrichtung einer neuen Newsgroups nicht nur Einzelinteressen gerecht wird, sondern das Usenet für alle besser nutzbar macht. Nicht also dann, wenn der Vorschlagende gerne "seine eigene" Gruppe haben möchte oder ein bestimmtes Thema subjektiv so "wichtig" ist, dass man dafür auch eine Newsgroup zu benötigen meint - insofern unterscheidet sich das (de.-)Usenet deutlich von Mailinglisten und Chatrooms, wo jedermann sich sein eigenes kleines Reich einrichten kann. Wer das vermisst, darf sich aber damit trösten lassen, dass ihn natürlich niemand hindert, seinen eigenen Newsserver einzurichten oder eine ganz neue Hierarchie ("meins.") zu starten …

Richten Sie sich darauf ein, dass "Ihre" Gruppe nur dann eine reelle Chance hat, wenn

  • Sie sich im Usenet etwas auskennen, so dass die Formalien stimmen,

  • Sie Kommentaren und Verbesserungsvorschlägen anderer Nutzer offen gegenüberstehsen und vor allem

  • wirklicher Bedarf besteht.

Letzteres - der Bedarf - ist das entscheidende Kriterium. Dabei geht es nicht darum, wie toll das Thema der künftigen Newsgroup sein wird - denn das (de.*)-Usenet ist so strukturiert, dass es für jedes (!) Thema bereits einen Platz gibt. Die Frage ist vielmehr, wird das Thema so vehement diskutiert werden oder ist es so vielschichtig, dass man dafür einen eigenen (!) Platz braucht.

Da eigentlich jedes denkbare Thema in irgendeiner bestehenden Newsgroup der betreffenden Hierarchie behandelt werden kann, ist das im allgemeinen nur dann der Fall, wenn entweder

  • eine bestehende Gruppe überläuft, so dass man sie in zwei oder mehr kleinere, thematisch engere aufteilen will, oder

  • das Thema so facettenreich ist, dass es in vielen verschiedenen Gruppen diskutiert wird, und man diese Diskussionen sinnvollerweise in einer Gruppe bündeln kann.

In der Regel wird man - auch aufgrund schlechter Erfahrungen - den Bedarf daran messen wollen, wie intensiv derzeit schon tatsächlich (und zwar im Usenet!) über das Thema diskutiert wird. Sie sollten also bspw. schon darauf verweisen können, dass in den vergangenen Monaten das Thema X in einer bestimmten Newsgroup ein "Dauerbrenner" war, so dass es sich lohnt, diese Mammutdiskussionen in eine eigene Gruppe zu verlagern, und das ggf. auch mit Zahlen belegen können.

Was - zumindest in de.* - nicht so überzeugend wirkt, kann man auch in der FAQ "Missverständnisse in de.admin.news.groups" nachlesen.

Alternativen zur neuen Newsgroup

Und was mache ich jetzt ohne eine neue Newsgroup?

Da gibt es viele Möglichkeiten!

Die einfachste wäre, einfach die bestehenden Newsgroups zu nutzen; dafür sind sie schließlich da. Und auch wenn natürlich jeder echte Fan des neuen Fantasyknüllers "Ultima 42" eine eigene Diskussionsgruppe nur dafür unbedingt erforderlich hält, wird er feststellen, dass man "Ultima 42" auch in einer gemeinsamen Gruppe für alle Spiele der "Ultima"-Reihe oder sogar in einer gemeinsamen Newsgroup für alle Fantasy-Computer-Spiele diskutieren kann. Vielleicht sogar besser, weil auf diese Weise mehr Leute mitlesen und von regen Diskussionen angezogen werden, und die Newsgroup nicht praktisch leersteht.

Wer möchte, kann sich stattdessen einfach selbst einen Newsserver aufsetzen, wenn er die technischen Möglichkeiten dazu hat, oder jemanden finden, der ihm die gewünschte(n) Newsgroup(s) auf seinem Server lokal einrichtet. Die Interessenten können die Gruppen dann zwar meist nicht auf dem Newssever ihres eigenen Providers lesen (weil solche lokalen Hierarchien üblicherweise nicht weiterverteilt werden), sie können aber (zusätzlich) auf Ihren Server zugreifen und die Gruppen dort lesen. Insbesondere wenn es um gemeinnützige Projekte oder vergleichbares geht, ist das in der Regel gar nicht so schwer. Teilweise bieten auch Firmen solche Newsserver zum Support ihrer Produkte an.

Schließlich lohnt sich für viele kleinere Themen auch (zunächst?) die Einrichtung einer Mailingliste.

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